Löwenmagazin fragt nach

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Seit dem Zwangsabstieg im Juni diesen Jahres sind schwere Zeiten für den TSV 1860 München angebrochen. Nie waren Unterstützer, Sponsoren und Gönner wichtiger als heute. Man kann von Glück reden, dass die Löwen eine große Fangemeinschaft hinter sich haben und auch wenn man uns oft als „Arbeiterverein“ betitelt, gibt es viele Löwen, die erfolgreiche Unternehmer sind und ihre Liebe und Treue zum Verein in Taten auszudrücken bereit sind. Wir kennen sie als ‘Unternehmer für Sechzig’. Ein junger Verein, eine Gruppierung von Unternehmern, die sich auf die Fahne geschrieben haben, dem e.V. finanziell zu helfen und zu unterstützen.

Wir wollen mehr über diese Herrschaften wissen und haben uns mit dem Vorstandsvorsitzenden und Mitbegründer, Josef Wieser, getroffen und ihm auf den Zahn gefühlt. Es war ein langes und interessantes Gespräch.

Tami: Wie ist die Idee zu ‘Unternehmer für Sechzig’ entstanden und was sind die Hintergründe für die Gründung des heutigen Vereins?

Es gab 2015 eine Veranstaltung von Infront* im Zuge der Auswärtsfahrt nach Karlsruhe. Eingeladen waren Sponsoren und wie üblich bei Sechzig, keiner hat jemanden anderen gekannt oder sich darum gekümmert. Die Vizepräsidenten waren auch dabei, haben sich ebenfalls nicht genötigt gefühlt, zu den Leuten hinzugehen. Man hat die Strukturen von Sechzig damals einfach nicht verstanden. In mir ist dann die Idee gereift, dass ich etwas für meinen Verein tun muss. Meine Stärke ist das Netzwerken. Die Idee zur Gründung des Vereins kam dann von mir und Jürgen Lanzl (Weidl Rolladenbau GmbH). Wir waren beide Business-Club-Kartenbesitzer.

* [offizieller Vermarkter des TSV 1860 München]

Josef Wieser – Vorstandsvorsitzender “Unternehmer für 60”

Arik: Sie wollten also ein Netzwerk unter den Unternehmern, die Sechzig unterstützen, aufbauen?

Das Hauptproblem von 1860 ist, dass sie kein Interesse hatten, eine Unternehmerstruktur aufzubauen. Ich war ein Jahr im Business-Club und habe niemanden kennengelernt, außer meinen Tischnachbarn. Da gab es niemanden, wie in anderen Branchen, die sich engagieren und die Leute zusammenbringen. Es wäre in der Allianz-Arena nichts leichter gewesen. Sechzig ist nicht nur ein Arbeiterverein, da gibt es viele mittelständische Unternehmer. Wir haben in München große Gönner, die über die Jahre verprellt worden sind, die ausgestiegen sind, weil eben diese Kontaktpflege fehlte. Die Möglichkeiten sind groß, doch es ist niemand da, der es koordiniert oder es in die Hand nimmt.

Arik: Ihr Ziel war es also, das selbst in die Hand zu nehmen?

Ganz genau. Wir haben im kleinen Kreis einfach gestartet, mit einem Betrag von 186 Euro. Und so waren wir am Anfang gleich mal 40 Leute. Jeder hat 186 Euro gegeben. War nicht viel, aber damit konnten wir kleinere Sachen machen. Wir sind Förderer der U15 geworden und haben ihnen so zum Beispiel die Trikots bezahlt.

Arik: Wie wurde das vom Verein und anderen Gremien wahrgenommen?

Im Grunde gab uns Ismaiks Anwalt Raed Gerges* den Tipp, die Organisation außerhalb des e.V.’s zu gründen. Wir hatten mit ihm mehrere Gespräche. Eines auch mit Investor Ismaik vor zwei Jahren. Wir wurden befragt wer wir sind und was wir wollen und sie fanden die Idee gut. Im Gegenteil dazu haben uns Infront und der Verein anfänglich bekämpft. Vielleicht war die Angst da, dass wir mal zu groß und zu mächtig werden, so dass wir etwas zu sagen hätten. Das ist nicht so einfach. Im Grunde sind die undefinierbaren Strukturen von Sechzig schuld.

* [Gerges war Anfang August 2016 gemeinsam mit Thomas Eichin als Interimslösung für die abberufenen Geschäftsführer Noor Basha und Markus Rejek bei Sechzig installiert worden. Gerges galt als Vertrauter Ismaiks, der nicht bei 1860, sondern bei einer Firma des Jordaniers angestellt war. Ende 2016 durften er und Eichin dann den Platz für Anthony Power räumen].

Tami: Wie hat sich das weiterentwickelt?

Es nahm mit der Zeit immer mehr Formen an, auch das Netzwerken untereinander. Das ist dann der weitere Nebeneffekt, der sich automatisch ergibt, dass wir als Geschäftsleute auch untereinander bzw. miteinander Geschäfte machen. In der Satzung ist nun verankert, dass jeder 186 Euro Beitrag und mind. 1000 Euro im Jahr Spende zahlen muss. 54 Mitglieder sind es derzeit. Jeder muss auch Mitglied beim TSV sein. So sieht es die Satzung unseres Vereins vor.

Arik: Wäre sicherlich auch gut, wenn die ARGE in ihrer Satzung verankern würde, dass jeder Mitglied im Verein sein muss. Der Verein hätte wahnsinnig viele Neumitglieder.

Ist in vielen Vereinen ja auch so üblich. Wäre ein guter Schritt, das ist richtig. Und würde dem Verein sicherlich sehr viel helfen. Das ist eine gute Idee. Aber damit haben wir nichts zu tun, da wir kein Fanclub im klassischen Sinne sind. Das ist die Sache der ARGE und des Vereins.

Arik: Gut, aber Sie sind Teil des Vereins.

Wir sind als einzelne Personen Mitglieder im Verein. Die ‘Unternehmer für Sechzig’ ist ein eigener Verein, der sich für den TSV 1860 München einsetzt und ihn unterstützt. Was uns jedoch ganz wichtig ist – wir machen keine Vereinspolitik! Uns wurde aus einer persönlichen Meinung eines einzelnen Mitglieds schon in den Münchner Medien ein Strick gedreht. Ein Mitglied hat in unserer Whatsapp-Gruppe seine persönliche Meinung geäußert, die jemand kopiert und der TZ geschickt hat und dadurch die Behauptung aufgestellt wurde, dass dies die Meinung unseres Vereins ist. Dagegen mussten wir uns wehren, da es so nicht stimmte. Wir wollen in sowas nicht reingezogen werden. Wir sind für den Verein da, für die Jugend und alle weitere e.V.-Abteilungen.

Tami: Als 1860 zwangsabgestiegen ist, kam da irgendjemand vom Verein auf Sie zu und hat mit Euch über Unterstützung und Hilfe geredet?

Ja. Bei uns sind zum Beispiel der 1860-Vizepräsident Hans Sitzberger und die Verwaltungsräte Robert von Bennigsen und Sebastian Seeböck Mitglieder. Man hat uns gefragt, ob wir nicht das Nachwuchsleistungszentrum mitfinanzieren wollen. Die Summe darf ich natürlich nicht verraten. Doch nach all dem Gegenwind zuvor sahen wir uns nicht in der Lage, das zu leisten. Wir fördern das Nachwuchsleistungszentrum zwar trotzdem, aber eben auf unsere Weise und Möglichkeiten.

Arik: Man hört immer wieder etwas darüber. So haben wir natürlich auch über die ‘Unternehmer für Sechzig’ gehört. Aber wirklich groß kommuniziert wird das ja nicht. Was doch wichtig wäre, um mehr Unternehmer zu gewinnen.

Der Verein weiß eigentlich nicht ganz wer die Gönner und Sponsoren sind, bekommt man das Gefühl. Die KGaA pflegt da wahrscheinlich die Namen, aber der Verein hat da keine Ahnung. Schon wenn man sich Infront anschaut. Sie haben nichts dazu getan, dass sich die Leute in der Arena treffen und miteinander kommunizieren. Die Angst ist da größer vor einer Absprache als die Möglichkeiten und Chancen zu sehen. Und der TSV ist nun mal ein Unternehmen.

Arik: Sebastian Seeböck war ja im Vorsitz der ‘Unternehmer für Sechzig’, ist aber dann zurückgetreten wegen seinem Amt im Verwaltungsrat.

Richtig, das haben wir auch so in der Satzung verankert. Wir wollen da keine Interessenskonflikte und deshalb war das ein notwendiger Schritt.

Arik: Dabei sind solche Doppelbesetzungen ja durchaus üblich. Der Vorsitzende der ‘Freunde des Sechzger-Stadions’ ist gleichzeitig Vorsitzender im Verwaltungsrat des TSV 1860 München.

Halte ich persönlich für unglücklich. Ich würde mir das anders wünschen. Aber das ist meine persönliche Meinung. Wir bei den ‘Unternehmer für Sechzig’ möchten da für solche wesentlichen Ämter eine klare Trennung. Ich finde es gut, dass Sebastian Seeböck jetzt im Verwaltungsrat ist. Die Niederlegung des Vorsitzes bei uns war jedoch eine logische Konsequenz.

Tami: Gehen Sie auf die Abteilungen zu und bieten die Unterstützung an oder umgekehrt?

Erst wollten wir selber auf die Abteilungen zugehen, aber dann hat sich der Weg aufgetan, dass Viola Oberländer eingestellt wurde – die Vereinsmanagerin. Sie ist das Beste, was Sechzig passieren konnte. Sie bringt endlich alle kleinen Abteilungen zusammen. Sie hat schon viele Mitglieder für die anderen Abteilungen akquiriert. Es ist durchaus bemerkenswert. Sie hat es geschafft, dass Bergsport auf einmal eine Jugend hat – über das Bouldern. Sie ist unsere Ansprechpartnerin.

Tami: Wie läuft das dann ab?

Wir machen mit ihr Projekte aus. Zum Beispiel für das Sommercamp der Bodenturner haben wir 5000 Euro gespendet. Unsere Junglöwen haben wir bereits mit 35000 Euro unterstützt, das Sommerlager der U13 haben wir finanziert, ebenso haben die 3. und 4. Mannschaft um die 1500 bis 2000 Euro bekommen. Für die Boulder haben wir die Geräte zur Verfügung gestellt. Blinden-Fußball und Behindertensport haben wir ebenso unterstützt. Die Boxer mussten für den Kampf in England mit 2000 Euro in Vorleistung gehen, die wir übernommen haben. Die durften das dann anschließend auch behalten.

Arik: Das sind keine kleinen Summen. Was bekommen Sie dafür von dem Verein zurück? Man schiebt gerne Themen auf die KGaA. Im Endeffekt wollen die ‘Unternehmer für Sechzig’ ja vor allem unterstützen.

Im Grunde machen wir das aus reiner Liebe zum Verein und dafür bestimmen wir, wo und für welche Zwecke das Geld hingeht. Wir nennen Frau Oberländer die Summe, die zur Verfügung steht und sie liefert Vorschläge. Danach wählen wir aus. Im Moment steht für das Bootshaus der Wassersport-Abteilung die Sanierung des maroden Daches aus. Das werden wir wahrscheinlich nicht klassisch über die Spende machen. Da wir ja Dachdecker, Zimmerer und Spengler im Verein haben, können wir das Material finanzieren und sie machen es in einer Aktion selber fertig.

Arik: Ihr habt auch Geld an die Boxer gegeben. Ich kenne Ali Cukur bereits länger und habe davon überhaupt nichts mitbekommen. Die Fans ja noch weniger. Das wird einfach nicht kommuniziert. Man hat ein wenig das Gefühl, als fehlt uns eine gemeinsame Identität auch im Hinblick auf die Abteilungen. Dem Verein gelingt es oft nicht, den e.V. und seine Abteilungen darzustellen. Dabei könnte man doch durchaus auch auf eigene Ressourcen zurückgreifen.

Genau deshalb haben wir uns eigenständig gemacht, als Organisation, als Struktur. So dass wir alles selber aufbauen und entscheiden, wo das Geld hingeht. Ein Beispiel: In der Arena gab es bei den Spielen doch die Mädels mit den Puscheln, also Cheerleader. Ich dachte immer, das wären unsere Bodenturnerinnen. Nix da. Die Mädels wurden von der KGaA extern aus Augsburg eingekauft. Das hätten doch unsere Bodenturnerinnen machen können! Oder man könnte eine Cheerleader-Gruppe aufbauen. Der e.V. ist so vielseitig und vor allem auch breit aufgestellt. Wir unterstützen in jedem Fall alle Abteilungen.

Tami: Was bedeutet für es Ihren Verein, wenn es mit dem „Hoppen-Antrag“ schiefgeht bzw. wenn alles vorbei sein sollte?

Für uns ändert sich nichts, weil es den Verein immer geben wird. Das war auch die Weitsicht vom Anwalt Gerges, der uns geraten hat, außen vor und eigenständig zu bleiben. Ob er das zu unserem Wohl gemeint hat oder damit kein Gegenpol entsteht, weiß ich nicht. Aber so lange es uns gibt, werden wir weiterhin den e.V. und seine Abteilungen unterstützen.

Tami: Ist Gerhard May bei Ihnen Mitglied?

Nein. Ich denke, er kennt uns gar nicht.

Tami: Was ist Ihr Ziel für die Zukunft?

Wir wollen vor allem wachsen und ein starkes Netzwerk aufbauen. Bis Ende des Jahres wollen wir 80 Unternehmer als Mitglieder bei uns haben. Langfristig müsste durchaus ein Potenzial von 200 bis 300 Unternehmern möglich sein. Einer unser primären Ziele ist es, weiterhin den e.V. in seiner Gesamtheit zu unterstützen. Und ich bin überzeugt, dass es noch so viele Unternehmer da draußen gibt, die Löwenfans sind und unterstützen wollen. Durch all diese und künftige Unternehmer haben wir so viele Möglichkeiten, den Verein zu unterstützen, ob mit Geld oder mit Manpower, Ideen, Projekten. Wir wollen, dass der TSV 1860 eine Unternehmervereinigung bekommt, um Strukturen für die Zukunft zu schaffen, damit sie irgendwann die Chance auf Selbstständigkeit bekommen.

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